Unter dem Titel "Affinity Designer - Schritt für Schritt zu Vektorkunst, Illustration und Screendesign" hat der Rheinwerk-Verlag das Buch der Autorin Anke Goldbach veröffentlicht. Mit jeder Menge Workshops zum Mitmachen richtet sich das Werk an Einsteiger, zeigt aber auch fortgeschrittene Techniken. Wir haben ein druckfrisches Exemplar erhalten, komplett gelesen und klären auf, was den Leser erwartet.
Vektorkunst, Illustration und Screendesign!
Dass die Affinity-Programme spätestens seit der zusätzlichen Verfügbarkeit für Windows stark auf dem Vormarsch sind, dürften bereits viele Anwender bemerkt haben. Gute Bücher zu den Programmen sind allerdings noch rar. Natürlich wird sich das mit der Zeit ändern, wie an der Veröffentlichung von "Affinity Photo - Schritt für Schritt zum perfekten Bild" von Anfang März 2017 zu sehen ist. Eine Rezension dazu ist hier unter dem Titel "Buch zu Affinity Photo vom Rheinwerk-Verlag rezensiert" zu finden.
Nun hat der Rheinwerk-Verlag mit einem Buch zum von vielen Anwendern als Adobe Illustrator-Alternative gehandelten Affinity Designer nachgelegt. Verantwortlich für das Werk zeichnet die diplomierte Grafikdesignerin und Illustratorin Anke Goldbach. Wie nicht anders zu erwarten, kommt auch sie mit InDesign, Illustrator und Photoshop aus der Adobe-Ecke, war offensichtlich aber schnell von Affinity Designer begeistert und nutzt die Software bereits seit der ersten Beta-Version. Die Workshops im Buch wurden natürlich mit der zur Drucklegung aktuellsten Version von Affinity Designer umgesetzt.
Das versetzt Anke Goldbach in die Lage, die Funktionsweise von Affinity Designer jedem Anwender nahezubringen und darüberhinaus auch diverse Design-Grundlagen sowie fortgeschrittene Tricks zu vermitteln. Wer das Buch gelesen hat, weiß am Ende, wie man Flyer, Broschüren, Buttons, Logos und Screendesigns angeht.
Wie vom Rheinwerk-Verlag gewohnt, enthält das 286-seitige Buch ein praktisches Lesebändchen. Es gibt über 80 Workshops mit Vorher-Nachher-Beispielen inklusive herunterladbare Tastaturbelegung und Beispieldateien zum Mitmachen. Wichtiges Hintergrundwissen wird in diversen Grundlagenexkursen erklärt. Die Erläuterungen sind für Mac- und Windows-User nachvollziehbar.
Das Buch teilt sich in folgende 10 Kapitel auf:
- Arbeitsbereich und Grundlagen
- Designhilfen und Tipps
- Kurven, Formen und Farben
- Objekte verarbeiten
- Ebenen illustratorisch einbeziehen
- Ebeneneffekte
- Illustrationen mit Pixel und Pinsel
- Pixelauswahl und Freistellen
- Typografie und Textwerkzeuge
- Responsives Webdesign
Natürlich beginnt auch dieses Werk mit einem netten Vorwort, bevor es mit dem ersten Kapitel losgeht.
Arbeitsbereich und Grundlagen
Das erste Kapitel befasst sich vor allem mit der Oberfläche und der Bedienung von Affinity Designer. Los geht es gleich mit einem Grundlagenexkurs zu den drei Personas. Dann wird der Medienbrowser angesprochen, welcher ja leider nur für Mac-User verfügbar ist. Es folgen Hinweise zum Einrichten der Arbeitsbereiche und zur Konfiguration der hilfreichen Assistenten.
Es folgen Grundlagen zu neuen Dokumenten, Auflösungen, Zoomeinstellungen, Bildansichten und es werden Farbdefinitionen, Farbfelder und Paletten angesprochen sowie Änderungen rückgängig gemacht, gespeichert und exportiert. Dabei kommt auch die Export-Persona zur Sprache.
Mit diesen Grundlagen ist schon eine gute Basis für die weiteren Workshops gelegt. Prinzipiell eignet sich das Buch damit sehr gut, um es von vorne nach hinten durchzuarbeiten. So wird auch niemand überfordert.
Designhilfen und Tipps
Auch das zweite Kapitel beginnt mit einem Grundlagenexkurs, welcher auf Gestaltungsgrundlagen eingeht. Hier geht es nicht rein um die Software, sondern auch ganz allgemein um Design, Formgebung, harmonischen Bildaufbau etc. Ein ausgezeichneter Exkurs, den man nicht überblättern sollte.
Nicht ganz so spannend ist der folgende Workshop zu den Ebenen, weil sich der Umgang damit eigentlich schon beim Arbeiten mit der Software erschließt und hier keine tiefergehenden Erläuterungen zu finden sind. Weiter geht es mit der Verwendung von Artboards, was wieder interessanter ist. Lineale, Hilfslinien, Seitenränder, das Drehen der Leinwand, magnetische Ausrichtung, dynamische Hilfslinien, Pixelausrichtung und Snapshots kommen zur Sprache.
Abgeschlossen wird dieses Kapitel mit den wichtigsten Tastenkürzeln für häufig verwendete Werkzeuge und Befehle. Die Abbildungen dazu können auf der Produktseite zum Buch heruntergeladen und ausgedruckt werden. Nach dem Lesen dieses zweiten Kapitels dürften auch blutigste Anfänger keine Schwierigkeiten mehr haben, die Software grundlegend zu bedienen. Andere überfliegen dieses Kapitel sicher gerne.
Kurven, Formen und Farben
Im dritten Kapitel darf endlich gezeichnet und mit Formen gearbeitet werden. Zunächst klärt wieder ein sehr wissenswerter Grundlagenexkurs über die Vektorkunst mit Pfaden und Formen auf, bevor dann Linien und Formen mit dem Bleistift und dem Zeichenstift gezeichnet werden. Formen werden in Kurven zur weiteren Bearbeitung und Verfeinerung umgewandelt. Dazu gehört auch das Abrunden von Ecken mit einem speziellen Werkzeug.
Interessant sind auch die angesprochenen Dateiformate EPS und SVG, welche zum Lasern und Fräsen genutzt werden können. Im letzten Workshop dieses Kapitels geht es dann um Farbverläufe und Transparenz, welche wohl sehr häufig zum Einsatz kommen.
Den Abschluss bilden zwei Grundlagenexkurse zur Bedeutung der Farben und zur Farbenlehre und betreffen nicht nur die Software. Wer kein Profi ist, sollte sie gelesen haben.
Ebenen illustratorisch einbeziehen
Sehr spannend wird es mit der Einführung in das professionelle Illustrieren und das Illustrieren speziell mit Affinity Designer, wofür dieses Kapitel mit gleich zwei Grundlagenexkursen startet. Die Autorin geht hierbei auch auf das Angebot und die Nachfrage von Illustrationen ein. Ebenso wird gezeigt, wie das Zeichnen von Körpern, Händen und Füßen funktioniert bzw. welche Regeln hierbei zu beachten sind und natürlich auch gebrochen werden dürfen. Alleine die hochwertigen und über das ganze Buch verteilten Exkurse machen die Lektüre wirklich wertvoll, auch weil das Design insgesamt und nicht nur die Software erörtert wird.
Nach den beiden genialen Exkursen folgen wieder praxisorientierte Workshops zum intelligenten Duplizieren, zur Ebenendeckkraft und den Mischmodi, zur verschachtelten Objektplatzierung und Zuschneidung, zu Vektor- und Pixelmasken und zur Anwendung von Anpassungsebenen.
Besonders hervorzuheben sind die Ausführungen zu den vielen Mischmodi wie Differenz, Farbton, Luminanz, Glühen usw., welche wirklich sehr genau erklärt und in Beispielen vorgeführt werden.
Ebeneneffekte
Im folgenden Kapitel werden sämtliche Ebeneneffekte wie 3D, Kanten und Schatten, Farbüberlagerungen, Unschärfe usw. sehr detailliert beschrieben. In den einzelnen Workshops sieht man an diversen Beispielen sehr gut, wie schnell und einfach sich ein Design verändern oder aufwerten lässt.
An diversen Stellen auch in anderen Kapiteln beschreibt die Autorin die Zuweisung einer Farbe, welche mit der Farbpipette aufgenommen wurde. Sie erklärt, es müsse nach der Farbaufnahme ein Doppelklick auf den Farbkreis hinter der Pipette ausgeführt werden, um eben diese Farbe zu übernehmen. Eventuell stimmt das beim Mac. Unter Windows wird jedoch nur einmal geklickt. Eine Kleinigkeit die nicht erwähnt wird, aber die den überaus positiven Gesamteindruck des Buches auf keinen Fall schmälert.
Illustrationen mit Pixel und Pinsel
Es folgt ein Kapitel, in dem es weitgehend um die Pixelpersona und Pinsel geht und wieder mit so einem genialen und ausführlichen Exkurs startet, welcher eine Inspiration für digitale Pinsel und Texturen darstellt.
Es wird ein Verständnis für Pixel- und Vektorarbeiten innerhalb Affinity Designer vermittelt und auch gleich gezeigt, wie man selbst, gleichmäßige Pinsel, Intensitätspinsel mit Texturen und Bildpinsel erstellen, konfigurieren und sinnvoll nutzen kann. Auch gibt es Hinweise, wo weitere tolle Pinselsets zu finden sind.
Im folgenden ersten Workshop des Kapitels werden die möglichen Einstellungen von Pinseln vorgeführt. Ein weiterer Workshop widmet sich Vektorgrafiken, welche mit Rasterungen, natürlich mithilfe von Pinseln, verfeinert werden. Weitere hilfreiche Features der Pixelpersona wie das Verwischen, das Radieren, Abwedeln, Nachbelichten, Weichzeichnen, Scharfzeichnen usw. werden anhand praxisorientierter Beispiele vorgestellt.
Vorhandene Pinsel können auch dupliziert und weiterbearbeitet werden, wie man erfährt. In einem Workshop für Überflieger wird nochmal sehr genau die Erstellung sämtlicher möglichen Pinselarten vorgeführt. Schließlich geht es um das Exportieren und Importieren von Pinseln. Lädt man sich die Beispieldateien von der Buchseite beim Rheinwerk-Verlag herunter, was auch für die anderen Workshops unbedingt zu empfehlen ist, kommt man so auch gleich zu richtig guten neuen ULTRA-Pinseln und dem DAUB-MiniPack-2. Übrigens wird man in diesem Kapitel in Abschnitt 3 des Workshops "Pinsel mit Freunden teilen" höchstpersönlich von der hübschen Autorin angelächelt.
Pixelauswahl und Freistellen
Im folgenden Kapitel dreht sich absolut alles um die Pixel-Persona. Es geht um Auswahlen und Freistellungen, wobei diese auch anhand von Farben und Tonwerten und anhand der Farben eines Bildes erklärt werden. Der Abschnitt zu der Auswahl von Haaren zeigt auch schwierigere Fälle. Das Kapitel schließt mit der Umrandungsauswahl, mit der zum Beispiel auch Auswahlen für Rahmen erstellt werden könnten.
Typografie und Textwerkzeuge
Zu einem Design-Programm gehört natürlich auch Textverarbeitung. In allen Facetten soll der Umgang damit gezeigt werden, verspricht die Autorin. Sinnvollerweise folgt ein Grundlagenexkurs. Einer? Nein! Gleich vier Exkurse folgen aufeinander. Das zeigt schon die Komplexität dieses Themas. Und auch diese Exkurse büßen nichts von der Brauchbarkeit der Vorhergehenden ein.
Es geht also um Typografie und Layout. Das deutsche DIN-Klassifizierungssystem wird vorgestellt. Eines der Merkmale, worin sich dieses Buch wesentlich vom Workbook für Affintiy Designer des englischen Software-Herstellers Serif unterscheidet. Wobei man jetzt nicht unbedingt sagen müsste, es wäre ein deutsches Buch für deutsche Anwender. Es ist schon breiter gefächert und spricht durchaus internationales Publikum an.
Natürlich geht Anke Goldbach auf alle Textarten ein, die Affintiy Designer zu bieten hat und erklärt auch, wie sich Texte auf Pfade z.B. für ein Logo im Rundsatz legen lassen, Blindtexte einfügen lassen usw. Im Weiteren geht es um die Formatierung von Text, Zeichen und Absätze. In einem Workshop wird dann eine Visitenkarte gestaltet. Für effizientes Arbeiten werden Textstile erklärt. Wer Texte mit einem Bild füllen möchte, kommt hier auch weiter.
Das Kapitel schließt mit Anmerkungen zu automatischen Farbänderungen. Gemeint sind die globalen Farben, welche nicht nur für Texte eine hohe Bedeutung haben.
Responives Webdesign
Ja, auch Webdesign ist und war schon immer ein komplexes Thema. Das weiß wohl auch Anke Goldbach und startet mit 3 Exkursen zu den Grundlagen auch zu UX- und UI-Design.
Natürlich muss es um responsive Websites gehen, alles andere wäre ja auch nicht mehr zeitgemäß. Hier bietet Affintiy Designer richtig tolle Möglichkeiten, welche die Autorin sehr gut zu erklären weiß. Nach dem wichtigen Grundwissen machen die Workshops zu Formatvorgaben, webfreundlichen Logos, Favicons, Icons und Buttons richtig Spaß.
Es wird dann ein Header aufgebaut und für die schnelle Nutzung auf die nützlichen Assets eingegangen. Einer der wichtigen Workshops in diesem Kapitel dreht sich darum, die Beschränkung zu definieren, was ein wirklich tolles Merkmal in Affinity Designer ist.
Mit dem üblichen, aber auch für das Nachschlagen wichtigen Index, schließt das Buch dann ab.
Man wird überrascht von der hohen und vor allem kompetenten Informationsdichte des Buches. Kritik kann es hier eigentlich nicht geben, auch weil die Autorin offensichtlich ihr Handwerk versteht. Wer sich für Affinity Designer interessiert oder schon damit arbeitet, muss dieses Werk einfach haben.
Auf der Produktseite zu Affinity Designer - Schritt für Schritt zu Vektorkunst, Illustration und Screendesign gibt es weitere Informationen und auch eine kostenlose Leseprobe. Das Buch kann dort für einen Betrag von 34,90 Euro, oder als E-Book für 30,90 Euro erworben werden. Beides zusammen geht auch und kostet dann 39,90 Euro.
Fazit
Manch erfahrene Leser von Fachbüchern könnten angesichts des Umfangs von "nur" 286 Seiten den Eindruck gewinnen, es handele sich lediglich um eine Interpretation der Programmhilfe mit den Worten des Autors. Das Gegenteil ist der Fall. Sehr detailliert und mit viel Fachwissen bekommt man die Software auf eine Weise näher gebracht, die nachwirkt und viel Spaß macht.
Mehr als gewürzt wird das Werk durch viele Techniken, Tricks und Grundlagen, welche auch abseits des Programms das Design als solches im Blick haben. Wenngleich Design noch viel mehr Facetten hat als sie in diesem Buch angesprochen werden könnten, erarbeitet man sich mit dieser Lektüre doch ein recht breites Wissen, welches auch für die Arbeit mit anderer Software nützlich wäre. Der solide Umgang mit Affinity Designer und mit Design im Allgemeinen ist gewährleistet. Ein wirklich wertvolles und absolut empfehlenswertes Werk.