Bereits in der dritten Auflage ist das Standardwerk Grafik und Gestaltung von Markus Wäger beim Rheinwerk-Verlag erschienen. Das Praxisbuch zeigt sehr genau, wie man mit Formen, Farben, Schriften und Bildern umgehen kann, um richtig gute Layouts erstellen zu können. In dem auch als Nachschlagewerk und Inspirationsquelle angebotenem Buch hat der Autor zudem diverse Profi-Tricks und Hintergrundwissen untergebracht. Nachfolgender Bericht zeigt ausführlich und bebildert, was Grafik und Gestaltung - Das umfassende Handbuch von Markus Wäger zu bieten hat.
Praxis-Tricks und Hintergrundwissen für Gestalter!
Erscheint ein Werk bereits in der dritten Auflage, hat es sich in der Regel bewährt. Trotzdem gibt es wohl immer Potenzial für Aktualisierungen und Verbesserungen, welchen sich der Autor und Grafikdesigner Markus Wäger offensichtlich angenommen hat, wie man auf den ersten Seiten erfährt. Wie zu vermuten, enthält auch das aktuelle Buch auf 728 Seiten, geballtes Wissen, welches neben der gewohnt verständlichen Schreibweise anschaulich mit jeder Menge Grafiken und Fotos präsentiert wird.
Einige Inhalte:
- Gestaltungsregeln
- Formenlehre
- Farbgestaltung
- Bildgestaltung
- Schrift und Satz
- Typografie
- Gestaltungsraster
- DTP-Grundlagen
- Druckwissen
Wer kreativ gestalten und dabei ansprechende und professionelle Ergebnisse erzielen will, muss jede Menge Regeln kennen und meist auch anwenden. Rein intuitives Arbeiten führt meist nicht zum Ziel. Mit seinem umfassenden Handbuch zu Grafik und Gestaltung vermittelt der Autor all das benötigte Wissen, auch für übliche Prüfungsaufgaben von Design-Studenten. Für ein optimales Verständnis erklärt er aber auch sehr detailliert, wie Regeln entstanden und wie sie zu verstehen sind. So werden immer wieder ganz erstaunliche Phänomene der menschlichen Wahrnehmung erläutert und wie man diese für gute Gestaltung nutzen kann.
Damit scheint das Buch für den angehenden Grafikdesigner genauso attraktiv zu sein, wie für den Hobby-Designer. Trotz der vielen Seiten ist Grafik und Gestaltung - Das umfassende Handbuch beim Rheinwerk-Verlag mit 39,90 Euro recht günstig zu erstehen. Das E-Book ist vier Euro billiger. Für 44,90 Euro bekommt man beide Varianten zusammen.
Wie vom Rheinwerk-Verlag gewohnt, ist das Buch mit einem praktischen Lesebändchen und ein paar Worten der Lektorin auf der ersten Seite versehen. Es folgt ein grober Überblick zu den zehn Kapiteln mit Seitenangaben und dann das ausführliche Inhaltsverzeichnis mit Seitenzahlen zu allen Unterthemen. In einem relativ langen Vorwort über drei Seiten beschreibt Markus Wäger dann seine Sicht zum Design und was ihn zum Schreiben bis hin zur mittlerweile dritten Ausgabe bewegt hat.
Grafikdesign
Im ersten Kapitel geht es sogleich um Unterschiede zwischen Kunst und Design. Der Autor legt dem Leser viele grundlegende Aspekte zu Grafikdesign, Typografie, Illustration, Fotografie usw. ans Herz und begründet diese auch logisch. Es geht um Know-how und Erfahrung und Designdisziplinen sowie visuelle Kommunikation, Benutzerfreundlichkeit, Funktion und Ästhetik und auch um Ordnung und Chaos. Sämtliche Ausführungen werden dabei durch Abbildungen und Text untermauert und können sofort nachvollzogen werden. Dem Leser werden neben schönen Varianten also auch schlecht gesetzte Texte und chaotische Abbildungen vorgesetzt. Es ist sozusagen eine Art Beweisführung über das Gesagte. Dies beschreibt schon den Stil, welcher sich durch das komplette Werk zieht. Natürlich folgen dann immer adäquate Erklärungen, warum etwas als schlecht oder gut empfunden wird und wie das alles mit unserem Gehirn bzw. Instinkten und der Umwelt zu tun hat. So erschließt sich auch schnell, wozu Regeln gut sind. Am Ende dieses Kapitels gibt es noch richtig gute Tipps zum Gestalten lernen. Als Leser hat man sich damit schon mal wichtige Grundlagen zu den meisten Themen draufgeschafft, welche beim Begreifen der weiteren Kapitel absolut hilfreich sind.
Wahrnehmung
Wurden im ersten Kapitel noch viele Aspekte des Grafikdesigns angesprochen, welche ein grundlegendes und umfassendes Verständnis vermitteln, geht es ab dem zweiten Kapitel gezielter zu einem Thema weiter. Kapitel 2 nimmt sich der Wahrnehmung und damit auch wieder dem Gehirn an. Dinge zu vereinfachen konnte und kann für den Menschen überlebenswichtig sein. Daraus resultiert, wie man seine Umwelt und alles was darin vorkommt, wahrnimmt. Dies wird wieder an vielen Fotos und Grafiken veranschaulicht, welche auch immer wieder Erstaunen über sich selbst hervorrufen. Der Autor erklärt dann die Gesetze zu Linien, Kontinuität, Parallelität, Nähe, Geschlossenheit, Gleichheit, Prägnanz, Symmetrie und Erfahrung. Es geht auch darum, wie man sich Inhalte erschließt. Wie verläuft der Blick und welche Prioritäten werden warum gesetzt und empfindet man etwas positiv oder negativ und warum? Begreift man das, weiß man auch, in welchem Falle ein Logo in welcher Farbe und Helligkeit an welche Position gesetzt werden sollte usw. Auch hier zeigen diverse Abbildungen wieder Täuschungen auf, denen wir Menschen gerne unterliegen.
Form
Das dritte Kapitel kümmert sich um Anwendung und Wirkung von Formen. Beeinflussend sind hierbei diverse Formate und Farben und natürlich, was sich innerhalb der Formate befindet. So geht der Autor sehr genau auf Punkt, Linie und Fläche ein und zeigt relative Größenverhältnisse anhand von Beispielen mit Schriften und Abbildungen auf. Es wird gezeigt, wie das Auge Punkte scannt und wie man mit dem Wissen darüber, die Aufmerksamkeit lenkt. Unter anderem werden freie Formen, amorphe Formen, organische Formen, lineare Formen und geometrische Formen erklärt und abgebildet. Auch geht es um Charaktereigenschaften von Schriftformen. Die verschiedenen Facetten eines Kreises werden ebenso beleuchtet, wie die des Dreiecks und Vierecks. Desweiteren sind Symbole und ihre Bedeutung in diesem Kapitel vertreten. Da fehlen dann auch Logogramme und deren Unterformen wie Piktogramme, Ideogramme und Phonogramme nicht. Ein wichtiger Bereich sind die Proportionen und Seitenverhältnisse. Selbstverständlich sind hier Erläuterungen zum goldenen Schnitt und zur Fibonacci-Reihe zu finden und zwar höchst detailliert. Für Fotografen und Grafiker gleichermaßen gewinnbringend. Auch die DIN-Formate und deren Verwendung werden ausführlich gezeigt, worauf das Thema Anordnung und Gewichtung folgt. Es wird z.B. erklärt, was im Bezug auf Größe, Tonwert oder Farbe, als schwerer oder leichter empfunden wird. Hierzu gibt es auch viele Beispiele mit Schriften.
Farbe
Das Kapitel Farbe beginnt mit Grundlagen. Markus Wäger geht sogar auf die Anatomie des Auges ein und beschreibt Zapfen und Stäbchen. Es geht dann um Ur- und Grundfarben, bunte und unbunte Farben, psychologische Grundfarben, Eigenschaften wie Buntton, Sättigung, Helligkeit usw. Auch optische Täuschungen werden wieder aufgezeigt. In nahezu jedem Buch zu Fotografie und Design, werden die Farbräume erklärt. Das fehlt hier natürlich auch nicht. Allerdings wird hier wesentlich genauer und sehr kompetent auf Farbräume eingegangen, als in vielen anderen Publikationen. Es geht um Lichtfarben, Pigmentfarben, um Farbumfänge und Skalen und auch um die Wirkung auf unterschiedlichem Papier. Auch Farbharmonien werden detailliert erklärt. Hier findet sich so einiges aus dem bereits hier rezensierten Buch ABC der Farbe von Markus Wäger wieder, welches erwartungsgemäß noch sehr viel umfangreicher das Thema Farbe aufgreift. Aber auch im hier besprochenen Werk ist das Kapitel Farbe nicht gerade klein gehalten, geht weit über Grundlagenwissen hinaus und ist mit vielen Abbildungen zu Farbkreisen und vielem mehr gespickt.
Bild
In Kapitel 5 bezeichnet der Autor Schriften und Bilder als wichtigste Rohmaterialien für Grafikdesigner und erläutert die Aufgaben von Bildern und wie sie beeinflussen. Es wird gezeigt, wie Bilder und Typografie zu Hinguckern und wie sie z.B. für Produkte optimal eingesetzt werden. Auch Übertreibungen und Bildwitz haben ihre Berechtigung, wie man erfährt. Und natürlich geht es darum, Geschichten mit Bildern zu erzählen. Ein weiteres Thema befasst sich mit dem Menschen als Motiv. Hierbei spielen Blicke eine besondere Rolle. Sehr spannend wird es, wenn es dann um Bildstile geht. Praxisnah sind die Erläuterungen zu maßgeschneiderten Lösungen vom Auftragsfotografen und zu Bildern in der Unternehmenskommunikation. Bei der Bildgestaltung wird auf Fotos und Illustrationen und damit auch auf Pixel und Vektoren, aber auch auf 3D-Renderings eingegangen. Das Thema Bildkomposition beschreibt dann statischen und dynamischen Bildaufbau und geht auf Aspekte wie Freiraum im Bild, Dynamik und Linienführung oder Anordnung und Interaktion ein. Wieder ein Kapitel, welches für Grafiker und Fotografen gleichermaßen interessant sein dürfte.
Schrift
Einen großen Raum im Buch nimmt auch das Thema Schrift ein, um welches es im sechsten Kapitel geht. Natürlich geht es hier um die für den Designer wichtige Gestaltung von Typografie. Es wird Anfangs wieder Grundsätzliches erklärt. Wie in eigentlich allen Kapiteln, erläutert Markus Wäger dabei seine ganz persönliche Sicht und plaudert aus seiner offensichtlich umfangreichen Erfahrung. Dabei ermuntert er jedoch immer, nicht blind alles genauso zu machen, wie er es für richtig oder vorteilhaft hält. Es fällt jedoch an allen Stellen schwer, dem Autor zu widersprechen, untermauert er doch stets das Gesagte mit gut nachvollziehbaren Beispielen und weist oft auch auf entsprechende Literatur und Quellen hin. So wird zum Beispiel die Entwicklung der lateinischen Schriftform erklärt und dabei die Antike mit Hieroglyphen, Phonogramme, Keilschrift usw. angesprochen. Es tauchen Begriffe wie karolingische Minuskel, Majuskel und Rotunda auf. Auch scheut sich der Autor nicht, auf Nazischriften einzugehen und ob man diese überhaupt so bezeichnen sollte. Auch der Erfindung des Buchdrucks ist ein großer Bereich gewidmet. Neben vielen Schriften geht es auch um diverse Ziffern wie Medial-, Versal- und Tabellenziffern. Sehr genau wird auf die Lesbarkeit und lesbare Geometrie hingewiesen. Es werden typische Schriften für jedes Jahrzehnt, ab den 50er Jahren bis in die heutige Zeit gezeigt und besprochen, wobei natürlich auch OpenType zur Sprache kommt. Man erfährt zudem vieles über Charakter und Anwendungsbereiche von Schriftgruppen. Weiter geht es mit dem Mischen von Schriften und mit Harmonie und Kontrast und es gibt dazu wieder sehr viele Beispiele. Wer selbst Schriften erstellen möchte, erfährt auch dazu viel Wissenswertes. Das Kapitel endet mit Schriftverwaltung und Schriftquellen. Man hat wirklich das Gefühl, der Autor lässt nichts aus. Deshalb ist es nahezu unmöglich, hier absolut alles anzusprechen, was in diesem und den anderen Kapiteln zu finden ist.
Lesetypografie
Das siebte Kapitel ist ganz klar sehr eng mit dem vorigen verwandt und stellt damit eine logische Fortsetzung dar. Es geht darum, Schrift derart zu gestalten und zu setzen, dass sie auch vernünftig wahrgenommen und gelesen werden kann. Witzigerweise wird gleich auf der ersten Seite des Kapitels ein visueller Unfall aus den 1990er Jahren gezeigt. Weitere Schwerpunkte sind Medien der Gestaltung wie Website, Roman, Fachbuch oder Zeitung usw. und passend dazu wird die jeweilige Satzart, Schriftart und der Schriftmix erläutert. Zum Nachvollziehen gibt es wieder viele Beispielbilder und Illustrationen. Der Autor verliert auch einige Worte zu Papier und Hintergrund und kommt dann zu Zeilenbildung, Wortbildung, Unterschneidung und Kerning. Es folgen ausführlichste Beschreibungen zu Schriftschnitten, Kapitälchen, Ziffernformen, Ligaturen und Schwungschrift, Brüche, Schriftgrad, Satzarten und Satzbreiten sowie Abständen und Laufweiten, um nur einige zu nennen. Auch hier wird anscheinend wieder nichts ausgelassen und es ist gar nicht machbar, an dieser Stelle auf alles einzugehen.
Gestaltungsraster
Im achten Kapitel erfährt man so ziemlich alles über Rastertypografie bzw. typografisches Rastern. Wie man bereits aus anderen Kapiteln gelernt hat, handelt es sich bei den Rastern um Gestaltungshilfen, welche eben gerade auch für die Typografie sehr nützlich sind. Los geht es nach kurzem Vorwort mit dem Satzspiegel und entsprechenden Beispielen. Es wird der Aufbau jeweils verschiedener Satzspiegel z.B. für einen Roman vorgestellt. Passend dazu werden Breiten, Abstände, Stege usw. besprochen. An einigen Stellen wird gezeigt, wie entsprechende Einstellungen mit Adobe InDesign vorgenommen werden. Sicher liegt das auch daran, dass der Autor ein von Adobe zertifizierter Experte ist, wenngleich InDesign ohnehin häufig im professionellen Einsatz ist und deshalb als Beispiel für Software-Definitionen schon gut taugt. Weiter hinten werden dann komplexe Gestaltungsraster gezeigt. Das geht über ungerade Spaltenanzahlen und Module ohne Abstände, bis zu Bildbänden und anderen praktischen Aufgaben. Anhand eines konkreten Beispiels wird schließlich ein Gestaltungsraster entwickelt und berechnet.
Corporate Design
Als eigentliches Unterthema von Grafikdesign bringt Markus Wäger in Kapitel 9 das Corporate Design auf den Punkt. Wie er wohl zurecht meint, ein Thema, mit dem Grafiker aller Sparten mehr oder weniger zu tun haben. Natürlich geht es auch diesmal um Farben, Schriften und Logos, welche hier sogar die drei zentralen Bausteine darstellen, wie man lernt. Es wird geklärt, was Corporate Design überhaupt ist. Dabei fallen Begriffe wie Corporate Identity, Leitsatz, Claim und Slogan und es wird anschaulich ein Corporate-Identity-Kreis gezeigt. Es gibt Anworten auf die Frage, was CD und CI denn bringen und wie gewohnt, ist alles mit nachvollziehbaren Beispielen untermauert. Auf diversen Seiten wird dann gezeigt, wie ein entsprechendes Corporate Design erreicht werden kann bzw. auf was geachtet werden sollte. Da spielen auch wieder Farben und Farbräume sowie Schriften eine große Rolle. Auch in diesem Kapitel gibt der Autor bereitwillig Erkenntnisse preis, welche aus seiner Erfahrung resultieren.
Druck und Druckvorstufe
Im zehnten und letzten Kapitel werden nun die technischen Grundlagen für den Ausdruck von Designs vermittelt. Zunächst werden Reproduktionsverfahren wie Hochdruck, Tiefdruck, Offsetdruck, Digitaldruck und Siebdruck beschrieben. Ein weiteres großes Thema sind die Separation und Auflösung, also werden auch Bildschirmpixel und Druckraster besprochen. Interessant sind die Gedanken zum Auflösungs-Mythos. Hier wird mit so einigen Behauptungen ins Gericht gegangen und Irrtümer geklärt. Klar, dass es auch hier wieder diverse Beweisfotos gibt und so kann man dem Autor letztlich wieder nur zustimmen. Es geht dann weiter mit der Rasterweite, dem Betrachtungsabstand, der Bit-Tiefe und es folgen Erklärungen zu Vorteilen und Grenzen sowie Dateiformaten von Vektorgrafik. Auch die Formate für Pixelgrafiken werden mit all ihren Stärken und Schwächen behandelt. Dann folgen für das Drucken überaus wichtige Aspekte wie Aussparen, Überdrucken und Überfüllen, Blitzer, Tiefschwarz, Volltonfarben, Bindung, Ausschießen und Beschnittzugabe. Auch die Weiterverarbeitung und Veredelung z.B. über Papiersorte und Prägung, erhält ausreichend Raum in diesem Kapitel. Eine immens wichtige Sache spricht Markus Wäger mit dem Farbmanagement für die Druckstufe an. Er zeigt Probleme bei der Farbwiedergabe auf und geht auf die Kalibrierung für Monitore und Drucker ein. Es geht auch hier wieder um Arbeitsfarbräume und Profile, um den Proof und das Farbmanagement in InDesign und Illustrator. Anschließend wird die Datenübergabe und PDF-Erzeugung besprochen, woran das letzte Wort mit Leitsätzen zur Gestaltung abschließt. Mit einem Literaturverzeichnis und dem Index endet das Buch dann auch.
Fazit
Wie versprochen, handelt es sich bei Grafik und Gestaltung - Das umfassende Handbuch um ein wahres Standardwerk, welches für Einsteiger und Fortgeschrittene gleichermaßen gut geeignet ist. Wie man von Markus Wäger gewohnt ist, hat er auch bei diesem Buch so gut wie nichts ausgelassen und in sehr verständlicher sowie teils persönlicher Schreibweise, essenzielles und praxisnahes Wissen vermittelt. Neben dem Erlernen von Grundlagen und bewährten Techniken punktet das Werk auch mit diversen Profi-Tricks sowie den wertvollen Erfahrungen des Autors und eignet sich außerdem sehr gut zum Nachschlagen.