Ganze sechs Jahre musste die Fangemeinde des kostenfreien und quelloffenen Bildbearbeitungsprogramms GIMP auf eine neue Version warten. Endlich werden nun mit der Portierung zur neuen Image-Processing-Engine GEGL, mehrere Kerne und hohe Bittiefen sowie Hardwarebeschleunigung für GIMP unterstützt. Auch beim Farbmanagement hat sich viel getan und für viele Werkzeuge gibt es Verbesserungen.
Zahlreiche Neuerungen und Verbesserungen für GIMP!
Die meisten Widgets und Vorschaubereiche von GIMP haben nun ein Farbmanagement. Werkzeuge wurden nicht nur verbessert, es gibt auch einige neue Tools wie Warp-Transformation sowie die vereinheitlichten und Handle-Transform-Werkzeuge. Die Bildschirmvorschau für alle Filter wurde nach GEGL portiert.
Auch das Malen soll jetzt leichter von der Hand gehen. Zum Beispiel kann nun die Arbeitsfläche gedreht werden. Schön ist auch die Unterstützung für neue Formate wie OpenEXR, RGBE, WebP und HGT. Für diverse andere Formate wie z.B. PSD, wurde die Unterstützung verbessert. Es ist nun auch möglich, Metadaten für Exif, XMP, IPTC und DICOM anzusehen und zu bearbeiten.
Neu ist ebenso der grundlegende HiDPI-Support, welcher automatische oder vom Anwender gewählte Icon-Größen erlaubt.
Auch für die Anpassung der Programmoberfläche bzw. der Arbeitsumgebung, gibt es neue Themes in Light, Gray, Dark und System und neue Symbol-Icons.
Voreingestellt sind die Symbol-Icons und das Dark-Theme. Bisherige Themes und Icons bleiben dabei weiter über die Einstellungen verfügbar.
Die Symbole bzw. die Icons, können getrennt vom eingestellten Theme definiert werden.
Zusätzlich gibt es die Icons auch noch in vier verschiedenen Größen, um auch auf hochauflösenden Bildschirmen optimal angezeigt zu werden. Die Größe wird normalerweise automatisch vorgegeben. In den Einstellungen lassen sich aber auch selbst die Abmessungen definieren.
Ist die benutzerdefinierte Symbolgröße eingestellt, können vier verschiedene Größen mit dem Schieberegler festgelegt werden und man sieht immer sofort, was man tut.
Die größte Veränderung in GIMP 2.10 dürfte die nun abgeschlossene Portierung zur GEGL-Bibliothek sein, welche bereits mit Version 2.6 ihren Anfang nahm. Dabei schielt man auch schon auf Version 3.2, für die das non-destruktive Bearbeiten geplant ist, was ohne GEGL wohl ein Problem wäre.
Endlich gibt es nun auch Unterstützung für höhere Bittiefen bis zu 32-bit pro Farbkanal. So lassen sich auch nativ die Formate PSD, TIFF, PNG, EXR und RGBE öffnen und exportieren. FITS-Bilder können sogar mit einer Präzision von 64-bit pro Kanal geöffnet werden.
Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Unterstützung mehrerer Prozessor-Kerne. Wie die Entwickler anmerken, wird dieses neue Feature noch nicht für alle Operationen verwendet. Und leider merkt man das auch. Was die Performance betrifft, ist auch GIMP 2.10 leider nicht besonders gut. Selbst auf einem High-End-PC mit jeder Menge Arbeitsspeicher und sehr guter Grafikkarte sowie SSD-Platte, ruckelt es mächtig, auch wenn man die optionale Hardware-Beschleunigung mit OpenCL aktiviert und die Bildanzeige in den Einstellungen von GIMP auf Geschwindigkeit optimiert hat.
Ebenfalls GEGL zu verdanken, ist die Arbeit im linearen Farbraum.
Eine schöne Möglichkeit, allerdings dauert es bei Veränderung der Kurve auch hier sehr lange, bis sich das Bild aufbaut. Da haben die Entwickler doch noch einiges zu tun, bis man vernünftig mit GIMP arbeiten kann.
Als Core-Feature ist das neue Farbmanagement von den Entwicklern eingebracht worden. Es muss also nicht mehr länger ein Plugin genutzt werden.
Durch die Nutzung von LittleCMS v2 ist es jetzt möglich, ICC v4 Farbprofile zu verwenden. Teilweise wird offensichtlich auch die babl-Bibliothek genutzt, welche bis zu 10 mal schneller als LCMS2 sein soll. Die Entwickler überlegen, LittleCMS eventuell mit babl zu ersetzen.
Mittlerweile kommt GIMP mit den zwei Gruppen Legacy und Default an Ebenenmodi daher. Damit gibt es auch einige neue Ebenenmodi wie Farbton, Farbe, Helligkeit, Pin Light, Hard Mix, Ausschluss usw. Ebenen, Pfade und Kanäle lassen sich jetzt auch mit Farbmarkierungen versehen.
Alle Einstellungen, die mit Ebenen zu tun haben, sind jetzt in den Ebeneneigenschaften verfügbar, welche über einer Ebene über die rechte Maustaste aufgerufen werden können.
Es ist jetzt möglich, automatisch einen Alpha-Kanal für zu importierende Bilder generieren zu lassen. Eine weitere Neuerung sind die nun möglichen Masken für Ebenengruppen. Mit dem neuen GIMP werden nun auch diverse Features geboten, welche die Farbräume CIE LAB und CIE LCH nutzen. LCH könnte man jetzt anstelle von HSV verwenden.
Mehrfache Transformationen wie Skalieren, Rotieren und Perspektivenkorrektur in einem Schritt, lassen sich mit dem neuen einheitlichen Transformationstool verwirklichen.
Verformen mit verschiedenen Werkzeugen ist mit dem neuen Warp Transformation möglich.
Vergleichbar soll dieses Feature mit dem Verflüssigenfilter von Photoshop sein, wenngleich die Vorgehensweise doch etwas anders ist.
Eine Verbesserung gab es auch für die Auswahlwerkzeuge. Mit der Vordergrundauswahl sollen jetzt komplexe Fälle wie Haarsträhnen auf texturiertem Hintergrund bewältigt werden können. Dafür gibt es zwei neue Maskierungsmethoden. Für nicht westliche Sprachen unterstützt das Textwerkzeug jetzt Eingabemethoden für CJK und es wurden diverse Bugs behoben.
Neu ist auch der MyPaint-Pinsel für verbessertes Malen in GIMP.
Es gibt noch diverse weitere Verbesserungen für das digitale Malen und zusätzliche neue Pinsel, die natürlich am Besten durch Ausprobieren zu verstehen sind.
Einige der neuen GEGL-basierten Filter wie Belichtung, Schatten-Lichter, High-Pass, Panorama-Projektion usw. sprechen vor allem Fotografen an. Interessant ist die Möglichkeit, Darktable oder RawTherapee als Plugin in GIMP für das Öffnen von RAW-Dateien zu verwenden. Für über- und unterbelichtete Bildbereiche gibt es jetzt einen neuen Warn-Filter. Die für die Warnung ausgegebenen Farben lassen sich individuell anpassen.
GIMP 2.10 hat bereits über 80 GEGL-basierte Filter integriert. Viele davon waren schon als GIMP-Effekte bekannt. Durch die GEGL-Implementation ergeben sich diverse Vorteile und die Filter können jetzt auch auf Bilder mit 32-bit pro Farbkanal angewendet werden.
Die Verwendung von GIMP wurde ganz allgemein verbessert bzw. erleichtert. Oft sind es nur Kleinigkeiten, die zum Vorteil des Anwenders verändert wurden.
Sehr schön ist die Möglichkeit, Metadaten nicht nur anzeigen zu lassen, sondern sie auch bearbeiten zu können.
Gegenüber der Vorgängerversion hat sich mit GIMP 2.10 eine Menge getan und für ein kostenfreies und quelloffenes Programm zur Bildbearbeitung hat GIMP auch wirklich viel zu bieten. Aber auch wenn es nichts kostet, stört die unterirdische Performance doch sehr. Selbst auf einem aktuellen Rechner mit allerbester Hardware ruckelt es oder man braucht Geduld, bis sich etwa der Hochpassfilter gemächlich über ein Foto gelegt hat. Wer sich auf kleinere Bilder im JPG-Format beschränkt, kann darüber möglicherweise hinwegsehen. Für die häufige Bildbearbeitung ist das natürlich nichts. Hier haben die Entwickler noch gewaltig zu tun.